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Urteile

Abbruch der Wahl wegen falscher Angabe der Zahl der erforderlichen Stützunterschriften für Wahlvorschläge

Orientierungssätze

Durch einstweilige Verfügung kann der Fortgang einer Betriebsratswahl auf Antrag des Arbeitgebers nur untersagt werden, wenn das Wahlverfahren schwerwiegende Mängel aufweist, die die Nichtigkeit der ausgeschriebenen Betriebsratswahl zur Folge hätten; das ist der Fall, wenn im Wahlausschreiben für einen Wahlvorschlag Stützunterschriften von 22 % der Wahlberechtigten verlangt werden.

  • Gericht

    Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 21.03.1990
  • Aktenzeichen

    5 TaBV 8/90
  • Rechtsgrundlage

    § 14 Abs. 4 BetrVG (§ 19 Abs. 4 und 5 BPersVG), § 7 WO BetrVG (§ 8 Abs. 3 BPersVWO)

Der Rechtsstreit

Im entschiedenen Fall hatte der Wahlvorstand im Wahlausschreiben angegeben, dass Wahlvorschläge von mindestens 32 Wahlberechtigten unterschrieben werden müssten. Tatsächlich gehörten dem Betrieb jedoch nur 160, nach einer späteren Korrektur nur 144 Wahlberechtigte an. Wie im Bundespersonalvertretungsgesetz sind auch im Betriebsverfassungsgesetz im Normalfall die Unterschriften von mindestens einem Zwanzigstel der Wahlberechtigten für einen Wahlvorschlag erforderlich. Das wären bei der anfangs genannten Zahl von 160 Wahlberechtigten aber nur 8 Unterschriften (160 x 1/20). Diese falsche Angabe war auf einen Denkfehler des Wahlvorstands zurückzuführen.

Der Arbeitgeber war der Auffassung, dass damit der Wahlvorstand die Hürde für die Einreichung von Wahlvorschlägen zu hoch angesetzt und damit möglichen Interessenten die Einreichung von Wahlvorschlägen erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht habe. Deswegen hat der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht den sofortigen Abbruch der Wahl per einstweiliger Verfügung beantragt.

Diesem Antrag hat sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG stattgegeben. Die Gerichte folgten dem Arbeitgeber und führten weiter aus, dass diese Betriebsratswahl auch im Nachhinein als nichtig zu erklären gewesen wäre. Der Eingriff in das laufende Wahlverfahren sei deshalb zu vertreten, da ein derart gewählter Betriebsrat zu keinem Zeitpunkt rechtmäßig im Amt wäre, seine sämtlichen Handlungen wären rechtsunwirksam. Dagegen sei die betriebsratslose Zeit von maximal sechs Wochen (Erlass eines neuen Wahlausschreibens, Neuwahl) hinzunehmen.

 

Der Kommentar

Diese Entscheidung macht deutlich, wie wichtig ein fehlerfreies Wahlausschreiben ist. Der Denk- und Rechenfehler des Wahlvorstands lag offensichtlich darin, dass er ein Zwanzigstel (160 x 1/20 = 8) und zwanzig Prozent (20 % von 160 = 32) der Wahlberechtigten verwechselt hatte. Damit wäre aber die vierfache Anzahl von Stützunterschriften erforderlich gewesen, was in der Tat nicht hinnehmbar wäre.

Der Fehler wäre zu heilen gewesen, wenn der Wahlvorstand rechtzeitig ein korrigiertes Wahlausschreiben erlassen hätte, hilfsweise mit einem verschobenen Wahltermin.

Zusammengestellt und kommentiert von Heinrich Jordan, , 14.07.2010

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