Die Ansprüche auf Schadensersatz (§ 15 Abs. 1 AGG) und Entschädigung (§ 15 Abs. 2 AGG) sind unterschiedlich geregelt, können aber mitunter nebeneinander bestehen. Das macht die Sache etwas kompliziert.
Der Schadensersatzanspruch betrifft den Ersatz materieller Schäden wie Vermögensschäden (einschließlich Sachschäden). Aber auch Personenschäden, wenn sie eintreten, gehören grundsätzlich dazu.
Ein materieller Schaden kann beispielsweise bei Bewerbungen entstehen, wenn es im Zusammenhang damit zu Benachteiligungen etwa wegen des Geschlechts oder des Alters kommt. Der Arbeitgeber stellt eine Frau nicht ein, nachdem er erfahren hat, dass sie schwanger ist. Oder: In der Stellenausschreibung wird erklärt, dass die/der Einzustellende ein Höchstalter von 40 Jahren haben darf, gleichwohl bewerben sich ältere Arbeitnehmer*innen.
Es gibt zwar keinen Anspruch auf Einstellung (§ 15 Abs. 6 AGG). Es kann aber ein Schaden in Höhe der Bewerbungskosten (auch nicht übernommene Fahrtkosten können dazu gehören) oder dadurch entstanden sein, dass sich die benachteiligten Bewerber bei ihrer derzeitigen Arbeitsstelle einen freien Tag genommen und deshalb Lohnausfall haben. Der Arbeitgeber kann einem entsprechenden Schadensersatzanspruch nur dann entgehen, wenn ihn nachweislich kein Verschulden trifft.
Eine andere Rechtsgrundlage besteht bei dem Entschädigungsanspruch. Dabei geht es um den immateriellen Schaden, der durch die Benachteiligung im Sinne des AGG entstanden ist. Demjenigen, der benachteiligt wurde, soll Genugtuung gegeben werden, weil durch die Diskriminierung eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts eingetreten ist. Anders als beim Schadensersatz kommt es auf ein Verschulden des Arbeitgebers nicht an. Es kann daher beim Anspruch auf Entschädigung von einer „Ergebnishaftung“ gesprochen werden.
Der Entschädigungsanspruch bei Benachteiligungen während eines Einstellungsverfahrens ist allerdings begrenzt. Die Entschädigung bei einer Nichteinstellung darf drei Monatsgehälter nicht übersteigen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 AGG). Dies gilt aber nur dann, wenn der Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre (§ 15 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz AGG).
Damit besteht eine Ausnahme für den bestqualifizierten Bewerber. Spricht eine Vermutung dafür, dass der benachteiligte Bewerber eingestellt worden wäre, weil er besser qualifiziert ist als derjenige, für den sich der Arbeitgeber entschieden hat, entfällt die Begrenzung auf drei Monatsgehälter. In der Praxis wird es freilich schwierig sein, zwischen den bestqualifizierten Bewerbern und anderen, die auch bei einer benachteiligungsfreien Auswahl nicht eingestellt worden wären, zu unterscheiden.
Im Übrigen ist anzumerken, dass die vorstehenden Grundsätze nicht nur auf Einstellungsvorgänge Anwendung finden, sondern auch bei Benachteiligungen im Zusammenhang mit anderen personalwirtschaftlichen Vorgängen, wie etwa bei einem beruflichen Aufstieg. Erfolgen im Zusammenhang mit möglichen beruflichen Aufstiegen Benachteiligungen im Sinne des AGG (Benachteiligung wegen des Geschlechts, des Alters, der Religion, der ethnischen Herkunft usw.), können die Benachteiligten eine Entschädigung verlangen, wobei es die Begrenzung auf drei Monatsgehälter nicht gibt.
Es stellt sich im Zusammenhang mit einem Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung die Frage, wie schwierig der Beweis für eine Benachteiligung zu erbringen ist. Da es häufig problematisch sein kann, den Beweis zu führen, dass eine Diskriminierung vorliegt, sind im AGG entsprechende Beweislastregelungen berücksichtigt:
Nach § 22 AGG reicht es deshalb aus, wenn die/der von einer Benachteiligung Betroffene Tatsachen (Indizien) vorträgt, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Der Beweis von Indizien ist erbracht, wenn ausgehend von den feststehenden (im Streitfall bewiesenen) Tatsachen nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung besteht. Dann hat die andere Partei, also der Arbeitgeber, die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen das AGG vorliegt.
Eine Besonderheit besteht bei Belästigungen (einschließlich sexueller Belästigung). Hier ist lediglich der Vorfall, der zur Belästigung führte, darzulegen. Eine Rechtfertigung kommt regelmäßig nicht in Betracht.
Bei mittelbaren Belästigungen (s. oben) wird sich die Beweisführung vielfach auf Unterlagen, Statistiken oder auch betriebliche Übungen stützen. Werden beispielsweise Zulagen oder andere geldliche Zuwendungen an Teilzeitbeschäftigte nicht gezahlt, ohne dass ein sachlich zwingender Grund für die Abweichung gegenüber den Vollzeitbeschäftigten besteht, so ist die darin liegende Benachteiligung dieses Personenkreises zugleich eine Diskriminierung wegen des Geschlechts. Sie ergibt sich bereits daraus, dass die weitaus meisten Teilzeitbeschäftigten Frauen sind.
Diese Grundsätze gelten für Ansprüche auf Entschädigungen. Soll neben einer Entschädigung (s. oben) ein konkreter Schaden geltend gemacht werden, ist dieser Schadensersatzanspruch der Höhe nach zu beziffern.
Wichtig ist, wie auch sonst bei bestehenden Ansprüchen, die Beachtung von Fristen. Entsteht ein Anspruch auf Entschädigung oder Schadensersatz nach dem AGG, muss er innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 AGG). Die Frist beginnt im Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AGG).
Die Tarifvertragsparteien können tariflich eine andere Frist vorsehen (§ 15 Abs. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz). Auch im Fall eines Entschädigungsanspruchs ist nach § 61b Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) eine Klagefrist von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung vorgesehen. Es liegt insoweit eine zweistufige Ausschlussfrist vor. Bei Schadensersatzansprüchen bleibt es jedoch bei der einstufigen Ausschlussfrist. Wird der Anspruch abgelehnt, gelten die allgemeinen Verjährungsfristen zur Erhebung einer gerichtlichen Klage.